Donnerstag, 12. Januar 2012

Simon

Zu Beginn der Geschichte hat Philippe einen Plüschhund in der Abstellkammer seiner Eltern entdeckt und hat sich deshalb eingeredet, einen Bruder zu haben.

In diesen imaginären Bruder hat er sehr viel interpretiert, er hat ihn sich immer stark vorgestellt, er hatte alles was er nicht hatte und somit alles, wie er dachte, worauf seine Eltern stolz wären. In seiner Phantasiewelt hat er sogar mit diesem Bruder gekämpft.

In seinem Bruder sah er das Wunschkind von Tanja und Maxime, ein sportlicher, durchtrainierter, gesunder Junge, der im Stande ist ebenfalls eine Dportlerkarriere zu machen und in ihre Fussstapfen zu treten.

Als Louise ihm die Wahrheit über seine Familie erzählt hat, erfährt Philippe, dass er tatsächlich mal einen (Halb-) Bruder gehabt hat. Dieser war blond, durchtrainiert, und sportlich. Philippe war in seiner Phanatasie also nahe an die Realität herangekommen.

Dieser Plüschhund war das letzte, was Maxime von seinem Sohn geblieben ist. Es handelt sich um den Hund, den Simon an dem Tag an dem er und Hannah auf der Flucht aufgeflogen waren bei sich hatte.

Plötzlich scheint für Philippe alles klar. Er sieht wie sich Puzzlestück für Puzzlestück eine ganze Geschichte zusammenfügt und immer mehr Vorfälle fallen ihm ein, die er mit Simon in verbindung bringen kann.

Er fragt sich, wie sich seine Eltern gefühlt haben müssen, als er nichtswissend den Plüschhund in sein Bett legte, nachdem er ihn in der Abstellkammer entdeckt hatte. Wie es für Maxime sein musste, zu sehen, wie sein 2. Sohn das Plüschtier seines 1. verstorbenen Sohnes in den Händen trug.

Aber auch wie es Tanja ergehen muss, da auch für sie dieses Stück der Verangenheit ein wunder Punkt darstellt, denn auch wenn sie sich während der Zeit im Indre nichts sehnlicher gewünscht hatte, als dass maxime glücklich wird, so hatte sie insgeheim trotzdem den Wunsch, dass Hannah und Simon nicht mehr zurückkehren würden, da dies ihrem gemeinsamen Glück im Wege gestanden wäre.

Philippe fragt sich auch, wie es seiner Mutter geht, wenn Maxime manchmal gedankenversunken in den Himmel starrt. Und es ist auch naheliegend, dass Tanja auch ein schlechtes Gewissen plagt, dass sie sich das irgendwie gewünscht hat.


Auch für Philippes Persönlichkeit verändert sich nach dieser Gewissheit, einen Bruder gehabt zu haben, vieles. Er sieht sich nicht mehr als den dürren, kranken Jungen, der nicht wie seine Eltern eine Sportlerkarriere machen wird, sondern er fühlt sich durch dieses Wissen bestärkt. Und auch die Kämpfe und Gespräche mit seinem Phantasie-Bruder finden damit ihr Ende.

Und mir scheint es, als habe er begriffen, dass er von seinen Eltern und vor allem von seinem Vater geliebt wird, ganz egal ob er in der Schule oder sportlich begabt ist. Und als wäre ihm klar geworden, dass es sogar gut ist, dass er eine eigenständige Persönlichkeit ist. Denn den sportlichen Sohn gibt bzw. gab es schon und nichts und niemand könnte seinen Platz einnehmen, denn jedes Kind bleibt auf seine Weise einzigartig.


Die Geschichte von Simons traurigem Ende liess Philippe lange keine Ruhe. Als er erfährt, dass ein Buch mit einer Sammlung von den französischen Kinder, die dem Krieg zum opfer gefallen sind, erscheinen soll, sorgt er dafür, dass auch Simon seinen Platz bekommt, gemeinsam mit einem Foto, welches er ebenfalls in der Abstellkammer gefunden hat

Auch wenn er seinen Bruder nie kennen lernen konnte, scheint er durch die Gewissheit über sein Leben, die über seinen Tod aber auch durch die Fotos und Erinnerungsstücke einen Platz in Philippes Herzen gefunden zu haben.

"Viele Jahre nachdem mein Bruder aus meinem Zimmer verschwunden war und ich alle, die mir nahestanden, zu Grabe getragen hatte, verhalf ich Simon schliesslich zu der Grabstätte, die er nie bekommen hatte. Dort sollte er mit den Kindern ruhen, die das selbe Schicksal ereilt hatte, in jenem Buch, in dem sein Foto gezeigt wurde, daneben seine so dicht beieinanderliegenden Lebensdaten und sein Name, dessen Schreibweise sich so wenig von der meines Namens unterschied. Dieses Buch würde sein Grab sein." (S.151)

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen